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Finanzgericht Hamburg , 2-K-246/10
Urteil vom 14.04.2011
Rechtskräftig
Kraftfahrzeugsteuer: Kraftfahrzeugsteuer für einen ausländischen PKW
Leitsatz:
Ein ausländischer PKW unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer, wenn der Halter seinen Wohnsitz in Deutschland hat und das Auto ihm zur Nutzung zur Verfügung steht.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer für seinen Pkw mit dem polnischen Kennzeichen ...-1 bzw. ...-2.
Der Kläger hat die deutsche und die polnische Staatsangehörigkeit. Laut einem am 28.10.2002 vom Ortsamt A ausgestellten Personalausweis ist er wohnhaft im X-Bogen in Hamburg. Nach einer Melderegisterauskunft ist er unter dieser Anschrift seit dem 28.06.2006 gemeldet. Unter der Anschrift sind auch seine Ehefrau B und seine drei Kinder gemeldet. Seit 2001 ist er Halter eines Pkw der Marke C mit dem polnischen Kennzeichen ...-1. Am 02.10.2009 wurde er wegen des Verdachts der Unfallflucht und eines Steuervergehens polizeilich vernommen. Gemäß dem von ihm unterzeichneten Vernehmungsprotokoll erklärte er, dass er Halter und alleiniger Fahrer des polnischen Pkw sei. Er wohne seit 2006 durchgehend im X-Bogen. Den polnischen Pkw habe er vor ca. 8 Jahren in Polen von seiner damaligen Firma gekauft. Er nutze das Auto regelmäßig in Deutschland und stelle es regelmäßig auf dem Parkplatz im X-Bogen ab. Der Kläger hat später das Fahrzeug in Polen auf das Kennzeichen ...-2 umgemeldet. Nach polizeilicher Feststellung wurde der Pkw auch im März 2010 noch im X-Bogen abgestellt.
Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 23.03.2010 setzte der Beklagte für das Fahrzeug die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 28.06.2006 bis 31.03.2007 auf 222 €, für die Zeit vom 01.04.2007 bis 27.06.2007 auf 76 € und für die Zeit ab 28.06.2007 auf jährlich 316 € fest. Zur Erläuterung führte der Beklagte aus, dass die Steuer für die widerrechtliche Benutzung gemäß § 2 Abs. 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) festgesetzt werde, denn der Kläger sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, das Fahrzeug auf ein inländisches Kennzeichen zuzulassen. Spätestens seit dem 28.06.2006 sei für den Pkw der Standort in Deutschland begründet worden. Auch längere Aufenthalte in Polen änderten daran nichts.
Am 20.04.2010 legte der Kläger gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass sein Lebensmittelpunkt und der Standort des Fahrzeugs im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Hamburg gewesen sei. Er habe sich mit dem Fahrzeug überwiegend in Polen aufgehalten. Sein Fahrzeug sei als ein ausländisches Fahrzeug i.S.d. § 2 KraftStG anzusehen, weshalb sich auch eine Anmeldung in Deutschland verbiete. Im Übrigen könne er die Steuer auch nicht bezahlen, da er arbeitslos sei und Leistungen nach dem SGB II beziehe. Mit einem späteren Schriftsatz trug der Kläger vor, dass er sich - "übers Jahr gesehen" - überwiegend in Hamburg aufhalte. Den Pkw habe er jedoch nur etwa 30 Tage nach seinem Umzug in Hamburg behalten und ihn dann zu seinen Eltern nach Polen zurückgebracht. Dort werde er gelegentlich von seinen Angehörigen benutzt. Auch danach habe der den Pkw nur gelegentlich nach Hamburg mitgebracht.
Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 13.07.2010 setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer wegen einer Änderung des Tarifs für die Zeit vom 28.06.2010 bis 31.03.2011 auf 239 €, vom 01.04.2011 bis 27.06.2011 auf 70 € und für die Zeit ab 28.06.2011 auf jährlich 293 € fest. Der Bescheid war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, die auf den Rechtsbehelf des Einspruchs hinwies. In den Erläuterungen war jedoch ausgeführt, dass der Steuerbescheid Gegenstand des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens werde. Diesen Bescheid übersandte der Beklagte mit Schriftsatz vom 12.10.2010 erneut an den Kläger mit dem Hinweis, dass der Bescheid ohne Nennung der Berichtigungsvorschrift ergangen sei und die Rechtsbehelfsfrist von vier Wochen mit dem Zugang dieses Schreibens zu laufen beginne.
Am 11.11.2010 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2010 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Am 22.12.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass er bis zu einem Jahr ohne Ummeldepflicht sein Auto in der ganzen Europäischen Union bewegen könne. Er habe den Pkw nicht umgemeldet, weil er durch andere Personen in Polen benutzt werde und sich nur gelegentlich in Deutschland befunden habe. Im Übrigen sei der Pkw am 06.08.2010 verkauft worden. Hierfür reichte er eine Bescheinigung des Kreislandratsamtes D vom 08.12.2010 ein.
Der Beklagte setzte daraufhin mit Änderungsbescheid vom 08.02.2011 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 28.06.2010 bis 06.08.2010 auf 34 € fest und forderte den Kläger zur Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer von insgesamt 1372,50 € auf.
Der Kläger beantragt,
die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 23.03.2010 und vom 13.07.2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 17.11.2010 und den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 08.02.2011 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und weist ergänzend auf die Angaben des Klägers in dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll hin. Allein aufgrund der Tatsache, dass der Kläger seit 2006 durchgehend im X-Bogen wohnhaft sei und das Fahrzeug regelmäßig in Deutschland nutze, ergebe sich eine steuerbegründende Standortverlegung des Fahrzeuges im Sinne des § 3 Nr. 13 KraftStG.
Mit Beschluss vom 4.3.2011 ist der Rechtsstreit gem. § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter übertragen worden.
Dem Gericht hat die Kraftfahrzeugsteuerakte des Beklagten zu der Steuer Nr. .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akte Bezug genommen.
Gründe:
I.
Das Gericht konnte in der Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß geladen und ist mit der Ladung gemäß § 91 Abs. 2 FGO darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgemäß erhobene Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zutreffend für das von dem Kläger gehaltene Fahrzeug Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt.
Dem Begehren auf Aufhebung der Kraftfahrzeugsteuerbescheide steht allerdings noch nicht eine teilweise Bestandskraft der Bescheide entgegen. Der Beklagte hat den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 13.07.2010 mit Schreiben vom 12.10.2010 erneut mit Bekanntgabewillen dem Kläger übersandt und die Einspruchsfrist ausdrücklich erneut in Lauf gesetzt, so dass der dagegen eingelegte Einspruch vom 11.11.2010 fristgemäß erhoben wurde.
Der Beklagte hat zu Recht Kraftfahrzeugsteuer für den Pkw ...-1 bzw. später ...-2 festgesetzt.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer auch die widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen. Eine widerrechtliche Benutzung im Sinne des Gesetzes liegt nach § 2 Abs. 5 KraftStG vor, wenn ein Fahrzeug auf den Straßen im Inland ohne verkehrsrechtlich vorgeschriebene Zulassung benutzt wird. Diese Voraussetzungen hat der Kläger durch die Benutzung seines Kraftfahrzeugs in Deutschland erfüllt. Er hätte das Fahrzeug in Deutschland zulassen müssen. Wann eine Zulassung zu erfolgen hat, ergibt sich aus §§ 18 ff. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung (StVZO a. F.). Danach dürfen Kraftfahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie durch Erteilung einer Betriebserlaubnis und durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für Kraftfahrzeuge zum Verkehr zugelassen sind (§ 18 Abs. 1 StVZO a. F.). Das amtliche Kennzeichen ist vom Verfügungsberechtigten bei der Verwaltungsbehörde (Zulassungsstelle) zu beantragen, in deren Bezirk das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort (Heimatort) haben soll (§ 23 Abs. 1 S. 1 StVZO a. F.). Der regelmäßige Standort eines Fahrzeuges wird dabei durch seine tatsächliche Verwendung bestimmt. Es ist der Ort, von dem aus das Fahrzeug unmittelbar zum öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt wird und an dem es nach Beendigung des Einsatzes ruht. Indiziell ist dies der regelmäßige Wohnsitz des Halters (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 38. Auflage 2005, § 23 StVZO a. F. Rn. 16 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall war der regelmäßige Standort des Fahrzeugs der Wohnort des Klägers. Insbesondere lagen nicht die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes des § 3 Nr. 13 KraftStG vor. Danach ist für die Dauer bis zu einem Jahr von der Steuer befreit das Halten ausländischer Personenkraftfahrzeuge, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland gelangen. Die Steuerbefreiung entfällt, wenn die Fahrzeuge von Personen benutzt werden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
Das Fahrzeug des Klägers war in dem hier streitigen Zeitraum von 28.06.2006 bis 06.08.2010 nicht nur zu einem vorübergehenden Aufenthalt im Inland zuzulassen, denn der Kläger hatte spätestens seit den 28.06.2006 seinen Wohnsitz in Hamburg und hat damit auch den regelmäßigen Standort des Pkw in Hamburg begründet. Ein vorübergehender Aufenthalt im Inland liegt nur dann vor, wenn der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Fahrzeughalters weiterhin im Ausland liegt (vgl. Strodthoff, Kommentar zum KraftStG, Stand März 2011, § 3 Rn. 157). Von einem solchen vorübergehenden Aufenthalt kann bei dem Kläger jedenfalls spätestens seit dem 28.06.2006 nicht ausgegangen werden, weil der Kläger sich in Deutschland mit Wohnsitz gemeldet hat, hier mit seiner Familie zusammenlebt und Leistungen nach dem SGB II bezieht. Gerade der Sozialleistungsbezug beinhaltet, dass der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und als Erwerbsfähiger dem Arbeitsmarkt in Deutschland ständig zur Verfügung steht (vgl. § 7 SGB II), andernfalls würde er sich des Sozialleistungsbetrugs schuldig gemacht haben. Vor diesem Hintergrund ist der zum Teil wechselnde Vortrag des Klägers im Einspruchsverfahren, dass er seinen Lebensmittelpunkt nicht in Hamburg habe und sich überwiegend in Polen aufhalte, als Schutzbehauptung zu werten, um der Kraftfahrzeugsteuer zu entgehen.
Mit der Begründung des ständigen Wohnsitzes in Hamburg ist auch der Standort des auf den Kläger zugelassenen Pkw in Hamburg begründet worden. Das Fahrzeug ist von dem Kläger von seinem Wohnort aus benutzt worden, denn nach den Angaben des Klägers bei seiner polizeilichen Vernehmung und den weiteren Hinweisen stand das auf den Kläger zugelassene Fahrzeug entgegen seiner Behauptung in diesem Verfahren zu seiner Nutzung in Deutschland zur Verfügung. Der Vortrag, dass der Pkw durch andere Personen in Polen benutzt werde und sich nur gelegentlich in Deutschland befunden habe, ist ebenfalls als Schutzbehauptung zu werten. Denn es ist weder substantiiert dargelegt, warum der Kläger Halter eines in Polen genutzten Fahrzeugs sein sollte noch sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger das Auto entgegen seiner Behauptung nicht in Hamburg zur Verfügung gehabt hat. Vielmehr hat der Kläger bei der polizeilichen Vernehmung am 02.10.2009 selbst die regelmäßige Nutzung des Pkw in Deutschland angegeben. Nach dieser von ihm unterzeichneten Aussage war er alleiniger Fahrer des Pkw. Ferner gab er an, dass er durchgehend im X-Bogen wohne, das Auto regelmäßig in Deutschland genutzt und regelmäßig auf seinem Parkplatz im X-Bogen abgestellt habe. Letzteres wird durch die polizeiliche Feststellung vom 04.03.2010 bestätigt, wonach das Fahrzeug, nunmehr mit dem Kennzeichen ...-2, weiterhin auf dem Parkplatz X-Bogen abgestellt wurde. Zudem spricht auch die Ummeldung des Kennzeichens für die Nutzung durch den Kläger, denn gerade dieser Vorgang hätte Anlass gegeben, das Fahrzeug auf den tatsächlichen Nutzer anzumelden, wenn es denn eine solche andere Person gegeben hätte, zumal dem Kläger nun die Kraftfahrsteuerpflicht bekannt war.
Auch der Höhe nach sind die Kraftfahrzeugsteuerbescheide nicht zu beanstanden. Es sind weder Gründe vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Steuer der Höhe nach nicht richtig berechnet wurde.
Der Kläger hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 FGO liegen nicht vor
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