BMF - Ertragsteuerliche Erfassung der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten
20. Januar 2011
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Bundesministerium der Finanzen , IV A 6 - S-2177 - 1/02 Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 21.01.2002
Ersetzt durch BMF IV C 6 - S 2177/07/10004 vom 18. 11. 2009 (Weitere Anwendbarkeit bestätigt durch BdF IV C 6 - O-1000 / 07 / 0018 vom 29. 3. 2007 (koordinierter Ländererlass - "Schreiben zur Eindämmung der Normenflut")
Bezug: BMF-Schreiben vom 21. Januar 2002 (BStBl I S. 148 ), 27. August 2004 (BStBl I S. 864 ) und vom 7. Juli 2006 (BStBl I S. 446 )
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die ertragsteuerliche Erfassung der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie zu Familienheimfahrten nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 und § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 bis 3 EStG Folgendes:
I. Anwendungsbereich des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 und des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 bis 3 EStG
1. Betriebliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs
Rz. 1
Die Zuordnung von Kraftfahrzeugen zu einem Betriebsvermögen richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (R 4.2 Absatz 1 EStR 2008). Zur betrieblichen Nutzung zählt auch die auf Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten entfallende Nutzung gemäß § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG.
Der private Nutzungsanteil eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs ist nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises zu bewerten, wenn dieses zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Dies gilt auch für gemietete oder geleaste Kraftfahrzeuge. Kraftfahrzeuge i. S. dieser Regelung sind Kraftfahrzeuge, die typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden (BFH-Urteil vom 13. Februar 2003, BStBl II S. 472). Hierzu zählen beispielsweise auch Geländekraftfahrzeuge, wobei die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung vor der Neuregelung in § 2 Absatz 2a KraftStG zum 1. Mai 2005 unerheblich ist. Keine Kraftfahrzeuge i. d. S. sind Zugmaschinen oder Lastkraftwagen, die kraftfahrzeugsteuerrechtlich "andere Kraftfahrzeuge" sind.
Rz. 2
Die bloße Behauptung, das Kraftfahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Kraftfahrzeugen durchgeführt, reicht nicht aus, um von dem Ansatz eines privaten Nutzungsanteils abzusehen (BFH-Urteil vom 13. Februar 2003, BStBl II S. 472). Vielmehr trifft den Steuerpflichtigen die objektive Beweislast, wenn ein nach der Lebenserfahrung untypischer Sachverhalt, wie z.B. die ausschließlich betriebliche Nutzung des einzigen betrieblichen Kraftfahrzeugs eines Unternehmers, der Besteuerung zugrunde gelegt werden soll.
Rz. 3
Die Anwendung von § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG setzt voraus, dass ein Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten genutzt wird. Die Zugehörigkeit des Kraftfahrzeugs zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ist hierbei nicht erforderlich. Für ein Kraftfahrzeug im Privatvermögen des Steuerpflichtigen werden im Ergebnis nur Aufwendungen in Höhe der Entfernungspauschale i. S. d. § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Nummer 5 Satz 1 bis 6 EStG zum Abzug zugelassen. Die Regelung des § 9 Absatz 2 EStG ist entsprechend anzuwenden.
2. Nachweis der betrieblichen Nutzung i. S. d. § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG
Rz. 4
Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies kann in jeder geeigneten Form erfolgen. Auch die Eintragungen in Terminkalendern, die Abrechnung gefahrener Kilometer gegenüber den Auftraggebern, Reisekostenaufstellungen sowie andere Abrechnungsunterlagen können zur Glaubhaftmachung geeignet sein. Sind entsprechende Unterlagen nicht vorhanden, kann die überwiegende betriebliche Nutzung durch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum (i. d. R. 3 Monate) glaubhaft gemacht werden. Dabei reichen Angaben über die betrieblich veranlassten Fahrten (jeweiliger Anlass und die jeweils zurückgelegte Strecke) und die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraumes aus.
Rz. 5
Auf einen Nachweis der betrieblichen Nutzung kann verzichtet werden, wenn sich bereits aus Art und Umfang der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ergibt, dass das Kraftfahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Dies kann in der Regel bei Steuerpflichtigen angenommen werden, die ihr Kraftfahrzeug für eine durch ihren Betrieb oder Beruf bedingte typische Reisetätigkeit benutzen oder die zur Ausübung ihrer räumlich ausgedehnten Tätigkeit auf die ständige Benutzung des Kraftfahrzeugs angewiesen sind (z. B. bei Taxiunternehmern, Handelsvertretern, Handwerkern der Bau- und Baunebengewerbe, Landtierärzten). Diese Vermutung gilt, wenn ein Steuerpflichtiger mehrere Kraftfahrzeuge im Betriebsvermögen hält, nur für das Kraftfahrzeug mit der höchsten Jahreskilometerleistung. Für die weiteren Kraftkraftfahrzeuge gelten die allgemeinen Grundsätze. Die Vermutungsregelung ist nicht anzuwenden, sobald für ein weiteres Kraftfahrzeug der Nachweis über die überwiegende betriebliche Nutzung erbracht wird.
Rz. 6
Keines weiteren Nachweises bedarf es, wenn die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und die Familienheimfahrten mehr als 50 Prozent der Jahreskilometerleistung des Kraftfahrzeugs ausmachen.
Rz. 7
Hat der Steuerpflichtige den betrieblichen Nutzungsumfang des Kraftfahrzeugs einmal dargelegt, so ist - wenn sich keine wesentlichen Veränderungen in Art oder Umfang der Tätigkeit oder bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ergeben - auch für die folgenden Veranlagungszeiträume von diesem Nutzungsumfang auszugehen. Ein Wechsel der Kraftfahrzeugklasse kann im Einzelfall Anlass für eine erneute Prüfung des Nutzungsumfangs sein. Die im Rahmen einer rechtmäßigen Außenprüfung erlangten Kenntnisse bestimmter betrieblicher Verhältnisse des Steuerpflichtigen in den Jahren des Prüfungszeitraumes lassen Schlussfolgerungen auf die tatsächlichen Gegebenheiten in den Jahren vor oder nach dem Prüfungszeitraum zu (BFH-Urteil vom 28. August 1987, BStBl II 1988 S. 2 ).
3. Methodenwahl
Rz. 8
Wird das Kraftfahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt, kann der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der Besteuerung nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG (1 %-Regelung) oder nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 EStG (Fahrtenbuchmethode, Randnummer 21 bis 30) durch Einreichen der Steuererklärung beim Finanzamt vornehmen; die Methodenwahl muss für das Wirtschaftsjahr einheitlich getroffen werden. Im Fall des Kraftfahrzeugwechsels (vgl. Randnummer 9) ist auch während eines Wirtschaftsjahres der Übergang zu einer anderen Ermittlungsmethode zulässig. Das Wahlrecht kann bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt oder geändert werden.
4. Kraftfahrzeugwechsel
Rz. 9
Wird das auch privat genutzte Kraftfahrzeug im laufenden Wirtschaftsjahr ausgewechselt, z. B. bei Veräußerung des bisher genutzten und Erwerb eines neuen Kraftfahrzeugs, ist der Ermittlung der pauschalen Wertansätze im Monat des Kraftfahrzeugwechsels der inländische Listenpreis des Kraftfahrzeugs zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige nach der Anzahl der Tage überwiegend genutzt hat.
II. Pauschale Ermittlung des privaten Nutzungswerts
1. Listenpreis
Rz. 10
Für den pauschalen Nutzungswert ist der inländische Listenpreis des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt seiner Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung (z. B. Navigationsgerät, BFH-Urteil vom 16. Februar 2005, BStBl II S. 563) einschließlich der Umsatzsteuer (BFH-Urteil vom 6. März 2003, BStBl II S. 704) maßgebend. Das gilt auch für reimportierte Kraftfahrzeuge. Soweit das reimportierte Kraftfahrzeug mit zusätzlicher Sonderausstattung versehen ist, die sich im inländischen Listenpreis nicht niedergeschlagen hat, ist der Wert der Sonderausstattung, der sich aus der Preisliste des Herstellers ergibt, zusätzlich zu berücksichtigen. Soweit das reimportierte Kraftfahrzeug geringwertiger ausgestattet ist, ist der Wert der "Minderausstattung" anhand des inländischen Listenpreises eines vergleichbaren inländischen Kraftfahrzeugs angemessen zu berücksichtigen. Kosten für nur betrieblich nutzbare Sonderausstattung, wie z. B. der zweite Pedalsatz eines Fahrschulkraftfahrzeugs, sind nicht anzusetzen. Für Kraftfahrzeuge, für die der inländische Listenpreis nicht ermittelt werden kann, ist dieser zu schätzen. Der Listenpreis ist auf volle Hundert Euro abzurunden. Für Veranlagungszeiträume ab 2002 ist der Listenpreis für vor dem 1. Januar 2002 angeschaffte oder hergestellte Kraftfahrzeuge zunächst in Euro umzurechnen und danach auf volle Hundert Euro abzurunden.
Rz. 11
Zeitpunkt der Erstzulassung ist der Tag, an dem das Kraftfahrzeug das erste Mal zum Straßenverkehr zugelassen worden ist. Das gilt auch für gebraucht erworbene Kraftfahrzeuge. Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs ist nicht der Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugtyps, sondern des jeweiligen individuellen Kraftfahrzeugs. Bei inländischen Kraftfahrzeugen ergibt sich das Datum aus den Zulassungspapieren. Macht der Steuerpflichtige geltend, dass für ein importiertes oder ein reimportiertes Kraftfahrzeug ein anderes Datum maßgebend sei, trifft ihn die objektive Beweislast.
2. Nutzung mehrerer Kraftfahrzeuge und Nutzung durch mehrere Nutzungsberechtigte
a) Einzelunternehmen
Rz. 12
Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grundsätzlich für jedes Kraftfahrzeug anzusetzen, das vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird (vgl. Randnummer 2). Kann der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass bestimmte betriebliche Kraftfahrzeuge nicht privat genutzt werden, weil sie für eine private Nutzung nicht geeignet sind (z. B. bei sog. Werkstattwagen - BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 - VI R 34/07 - BStBl II S. 381) oder diese ausschließlich eigenen Arbeitnehmern zur Nutzung überlassen werden, ist für diese Kraftfahrzeuge kein pauschaler Nutzungswert zu ermitteln. Wird ein Kraftfahrzeug gemeinsam vom Steuerpflichtigen und einem oder mehreren Arbeitnehmern genutzt, so ist bei pauschaler Nutzungswertermittlung für Privatfahrten der Nutzungswert von 1 Prozent des Listenpreises entsprechend der Zahl der Nutzungsberechtigten aufzuteilen. Es gilt die widerlegbare Vermutung, dass für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten das Kraftfahrzeug mit dem höchsten Listenpreis genutzt wird.
Beispiel 1:
Zum Betriebsvermögen des Unternehmers C gehören 5 Kraftfahrzeuge, die von C, seiner Ehefrau und dem erwachsenen Sohn auch zu Privatfahrten genutzt werden; von C auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Ein Kraftfahrzeug wird ausschließlich einem Angestellten auch zur privaten Nutzung überlassen; der Nutzungsvorteil wird bei diesem lohnversteuert. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge beträgt jeweils mehr als 50 Prozent. Es befindet sich kein weiteres Kraftfahrzeug im Privatvermögen. Die private Nutzungsentnahme nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG ist für 4 Kraftfahrzeuge anzusetzen, und zwar mit jeweils 1 Prozent des Listenpreises. Zusätzlich ist für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte der Betriebsausgabenabzug zu kürzen. Dabei ist der höchste Listenpreis zugrunde zu legen.
b) Personengesellschaft
Rz. 13
Befinden sich Kraftfahrzeuge im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft, ist ein pauschaler Nutzungswert für den Gesellschafter anzusetzen, dem die Nutzung des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist. Randnummer 12 ist entsprechend anzuwenden.
Beispiel 2:
Der IJK-OHG gehören die Gesellschafter I, J und K an. Es befinden sich 4 Kraftfahrzeuge im Betriebsvermögen. Die Gesellschafter I und K sind alleinstehend. Niemand aus ihrer Privatsphäre nutzt die betrieblichen Kraftfahrzeuge. Der Gesellschafter J ist verheiratet. Seine Ehefrau nutzt ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zu Privatfahrten. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge beträgt jeweils mehr als 50 Prozent. Die Bruttolistenpreise der Kraftfahrzeuge betragen 80.000 €, 65.000 €, 50.000 € und 40.000 €. I nutzt das 80.000 €-Kraftfahrzeug, J das 50.000 €-Kraftfahrzeug, K das 65.000 €-Kraftfahrzeug und Frau J das 40.000 €-Kraftfahrzeug. Die private Nutzungsentnahme ist monatlich für den Gesellschafter I mit 1 Prozent von 80.000 €, für den Gesellschafter K mit 1 Prozent von 65.000 € und für den Gesellschafter J mit 1 Prozent von 50.000 € zuzüglich 1 Prozent von 40.000 € anzusetzen.
3. Nur gelegentliche Nutzung des Kraftfahrzeugs
Rz. 14
Der pauschale Nutzungswert und die nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind auch dann mit den Monatswerten zu ermitteln, wenn das Kraftfahrzeug nur gelegentlich zu Privatfahrten oder zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte genutzt wird.
Rz. 15
Die Monatswerte sind nicht anzusetzen für volle Kalendermonate, in denen eine private Nutzung oder eine Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ausgeschlossen ist.
Rz. 16
Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebsstätten in unterschiedlicher Entfernung von der Wohnung, kann bei der pauschalen Berechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG die Entfernung zur näher gelegenen Betriebsstätte zugrunde gelegt werden. Die Fahrten zur weiter entfernt gelegenen Betriebsstätte sind zusätzlich mit 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises i. S. d. § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG für jeden weiteren Entfernungskilometer (Differenz zwischen den Entfernungen der Wohnung zur jeweiligen Betriebsstätte) anzusetzen.
Beispiel 3:
Der Unternehmer A wohnt in A- Stadt und hat dort eine Betriebsstätte (Entfernung zur Wohnung 30 km). Eine zweite Betriebsstätte unterhält er in B-Stadt (Entfernung zur Wohnung 100 km). A fährt zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit dem Betriebs-Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis: 22.500 €). Er ist an 40 Tagen von der Wohnung zur Betriebsstätte in B- Stadt gefahren, an den anderen Tagen zur Betriebsstätte in A-Stadt (insgesamt an 178 Tagen). Die nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind wie folgt zu ermitteln:
a) 22.500 € x 0,03 % x 30 km x 12 Monate =
2.430,00 €
828,00 €
./. 178 Tage x 30 km x 0,30 € =
1.602,00 €
828,00 €
b) 22.500 € x 0,002 % x 70 (100 ./. 30) km x 40 Tage =
1.260,00 €
./. 40 Tage x 100 km x 0,30 € =
1.200,00 €
60,00 €
Summe der nicht abziehbaren Betriebsausgaben
888,00 €
4. Nutzung im Rahmen unterschiedlicher Einkunftsarten
Rz. 17
Nutzt der Steuerpflichtige das betriebliche Kraftfahrzeug auch im Rahmen anderer Einkunftsarten, sind die auf diese außerbetriebliche, aber nicht private Nutzung entfallenden Aufwendungen grundsätzlich nicht mit dem nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG (1 %- Regelung) ermittelten Betrag abgegolten (BFH-Urteil vom 26. April 2006, BStBl II 2007 S. 445 ). Es bestehen keine Bedenken, diese Entnahme mangels anderer Anhaltspunkte mit 0,001 % des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeugs je gefahrenem Kilometer zu bewerten; dieser Entnahmewert stellt vorbehaltlich bestehender Abzugsbeschränkungen die im Rahmen der anderen Einkunftsart abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar. Aus Vereinfachungsgründen wird einkommensteuerrechtlich auf den Ansatz einer zusätzlichen Entnahme verzichtet, soweit die Aufwendungen bei der anderen Einkunftsart keinen Abzugsbeschränkungen unterliegen und dort nicht abgezogen werden.
5. Begrenzung der pauschalen Wertansätze (sog. Kostendeckelung)
Rz. 18
Der pauschale Nutzungswert nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG sowie die nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG können die für das genutzte Kraftfahrzeug insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen. Wird das im Einzelfall nachgewiesen, so sind diese Beträge höchstens mit den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen. Bei mehreren privat genutzten Kraftfahrzeugen können die zusammengefassten pauschal ermittelten Wertansätze auf die nachgewiesenen tatsächlichen Gesamtaufwendungen dieser Kraftfahrzeuge begrenzt werden; eine fahrzeugbezogene "Kostendeckelung" ist zulässig.
Rz. 19
Wird neben dem pauschalen Nutzungswert nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG eine Entnahme aufgrund der Nutzung des Kraftfahrzeugs zur Erzielung anderer Einkunftsarten erfasst, ist auch dieser Betrag den tatsächlichen Aufwendungen gegenüberzustellen (vgl. Randnummer 17).
Rz. 20
Bei Anwendung der Kostendeckelung müssen dem Steuerpflichtigen als abziehbare Aufwendungen mindestens die nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 2, § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Nummer 5 EStG ermittelten Beträge (Entfernungspauschalen) verbleiben.
Beispiel 4 :
Für ein zu mehr als 50 Prozent für betriebliche Zwecke genutztes Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis 35.600 €) sind im Wirtschaftsjahr 7.400 € Gesamtkosten angefallen. Das Kraftfahrzeug wurde an 200 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte (Entfernung 27 Kilometer) genutzt. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.
1. pauschaler Wertansatz nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG:
35.600 € x 0,03 % x 27 km x 12 Monate =
3.460,32 €
2. privater Nutzungsanteil nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG:
35.600 € x 1 % x 12 Monate =
4.272,00 €
3.Prüfung der Kostendeckelung:
Gesamtaufwendungen
7.400,00 €
Pauschale Wertansätze (Summe aus 1. und 2.)
7.732,32 €
Höchstbetrag der pauschalen Wertansätze
7.400,00 €
Die pauschalen Wertansätze übersteigen die entstandenen Gesamtkosten. Es liegt ein Fall der Kostendeckelung vor. Der pauschale Wertansatz für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG und der private Nutzungsanteil nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG sind auf die Höhe der Gesamtaufwendungen von 7.400 € beschränkt. Die Entfernungspauschale nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 i. V. m. § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 EStG i. H. v. 1.620,00 € (200 Tage x 27 km x 0,30 €) ist zu berücksichtigen.
III. Ermittlung des tatsächlichen privaten Nutzungswerts
1. Führung eines Fahrtenbuches
Rz. 21
Ein Fahrtenbuch soll die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen und beruflichen Sphäre ermöglichen und darstellen. Es muss laufend geführt werden.
Rz. 22
Werden mehrere betriebliche Kraftfahrzeuge vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder zu Familienheimfahrten genutzt, ist diese Nutzung für jedes der Kraftfahrzeuge, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, entweder pauschal im Wege der Listenpreisregelung oder aber konkret anhand der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln (BFH-Urteil vom 3. August 2000, BStBl II 2001 S. 332 ). Gehören dabei gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, und wird nicht für jedes dieser Kraftfahrzeuge ein Fahrtenbuch im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 EStG geführt, ist für diejenigen Kraftfahrzeuge, für die kein Fahrtenbuch geführt wird, und die für Privatfahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten genutzt werden, § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG (1 %-Regelung) und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG (pauschale Ermittlung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben) anzuwenden. Die Rdnrn. 12 und 13 gelten entsprechend.
Beispiel 5:
Zum Betriebsvermögen des Unternehmers C gehören 5 Kraftfahrzeuge, die von C, seiner Ehefrau und dem erwachsenen Sohn auch zu Privatfahrten genutzt werden. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge beträgt jeweils mehr als 50 Prozent. Es befindet sich kein weiteres Kraftfahrzeuge im Privatvermögen. Für ein Kraftfahrzeug wird ein Fahrtenbuch geführt. Die (pauschale) private Nutzungsentnahme für die vier weiteren auch privat genutzten Kraftfahrzeuge ist nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG mit jeweils 1 Prozent des Listenpreises anzusetzen. Für das Kraftfahrzeug, für das ein Fahrtenbuch geführt wird, ist die Nutzungsentnahme mit den tatsächlich auf die private Nutzung entfallenden Aufwendungen anzusetzen.
2. Elektronisches Fahrtenbuch
Rz. 23
Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Beim Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungen müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert werden (BFH-Urteil vom 16. November 2005, BStBl II 2006 S. 410 ).
3. Anforderungen an ein Fahrtenbuch
Rz. 24
Ein Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Es muss die Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergeben (BFH-Urteil vom 9. November 2005, BStBl II 2006 S. 408 ). Das Fahrtenbuch muss mindestens folgende Angaben enthalten (vgl. R 8.1 Absatz 9 Nummer 2 Satz 3 LStR 2008): Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen betrieblich/beruflich veranlassten Fahrt, Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner. Wird ein Umweg gefahren, ist dieser aufzuzeichnen. Auf einzelne dieser Angaben kann verzichtet werden, soweit wegen der besonderen Umstände im Einzelfall die betriebliche/berufliche Veranlassung der Fahrten und der Umfang der Privatfahrten ausreichend dargelegt sind und Überprüfungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt werden. So sind z. B. folgende berufsspezifisch bedingte Erleichterungen möglich:
Rz. 25
a) Handelsvertreter, Kurierdienstfahrer, Automatenlieferanten und andere Steuerpflichtige, die regelmäßig aus betrieblichen/beruflichen Gründen große Strekken mit mehreren unterschiedlichen Reisezielen zurücklegen.
Zu Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchtem Geschäftspartner ist anzugeben, welche Kunden an welchem Ort besucht wurden. Angaben zu den Entfernungen zwischen den verschiedenen Orten sind nur bei größerer Differenz zwischen direkter Entfernung und tatsächlich gefahrenen Kilometern erforderlich.
Rz. 26
b) Taxifahrer, Fahrlehrer
Bei Fahrten eines Taxifahrers im sog. Pflichtfahrgebiet ist es in Bezug auf Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchtem Geschäftspartner ausreichend, täglich zu Beginn und Ende der Gesamtheit dieser Fahrten den Kilometerstand anzugeben mit der Angabe "Taxifahrten im Pflichtfahrgebiet" o. ä. Wurden Fahrten durchgeführt, die über dieses Gebiet hinausgehen, kann auf die genaue Angabe des Reiseziels nicht verzichtet werden.
Rz. 27
Für Fahrlehrer ist es ausreichend, in Bezug auf Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchten Geschäftspartner "Lehrfahrten", "Fahrschulfahrten" o. ä. anzugeben.
Rz. 28
Werden regelmäßig dieselben Kunden aufgesucht, wie z. B. bei Lieferverkehr, und werden die Kunden mit Name und (Liefer-)Adresse in einem Kundenverzeichnis unter einer Nummer geführt, unter der sie später identifiziert werden können, bestehen keine Bedenken, als Erleichterung für die Führung eines Fahrtenbuches zu Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchtem Geschäftspartner jeweils zu Beginn und Ende der Lieferfahrten Datum und Kilometerstand sowie die Nummern der aufgesuchten Geschäftspartner aufzuzeichnen. Das Kundenverzeichnis ist dem Fahrtenbuch beizufügen.
Rz. 29
Für die Aufzeichnung von Privatfahrten genügen jeweils Kilometerangaben; für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte genügt jeweils ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch.
4. Nichtanerkennung eines Fahrtenbuches
Rz. 30
Wird die Ordnungsmäßigkeit der Führung eines Fahrtenbuches von der Finanzverwaltung z. B. anlässlich einer Betriebsprüfung nicht anerkannt, ist der private Nutzungsanteil nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG zu bewerten, wenn die betriebliche Nutzung mehr als 50 Prozent beträgt. Für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten ist die Ermittlung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG vorzunehmen.
5. Ermittlung des privaten Nutzungsanteils bei Ausschluss der 1 %-Regelung
Rz. 31
Beträgt der Umfang der betrieblichen Nutzung 10 bis 50 Prozent, darf der private Nutzungsanteil nicht gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG (1 %-Regelung) bewertet werden.
Der private Nutzungsanteil ist als Entnahme gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 EStG mit den auf die private Nutzung entfallenden tatsächlichen Selbstkosten (vgl. Randnummer 32) zu bewerten. Für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten sind die nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 3 2. Alternative EStG zu ermitteln.
IV. Gesamtaufwendungen für das Kraftfahrzeug
Rz. 32
Zu den Gesamtaufwendungen für das Kraftfahrzeug (Gesamtkosten) gehören Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zu dienen bestimmt sind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen (BFH-Urteil vom 14. September 2005, BStBl II 2006 S. 72 ). Zu den Gesamtkosten gehören nicht die Sonderabschreibungen (BFH-Urteil vom 25. März 1988, BStBl II S. 655). Außergewöhnliche Kraftfahrzeugkosten sind dagegen vorab der beruflichen oder privaten Nutzung zuzurechnen. Aufwendungen, die ausschließlich der privaten Nutzung zuzurechnen sind, sind vorab als Entnahme zu behandeln (z. B. Mautgebühren auf einer privaten Urlaubsreise - BFH-Urteil vom 14. September 2005, BStBl II 2006 S. 72 ). Bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 EStG sind die verbleibenden Kraftfahrzeugaufwendungen anhand des Fahrtenbuches anteilig der privaten Nutzung, der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten zuzurechnen.
V. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte
1. Mehrfache Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte
Rz. 33
Werden täglich mehrere Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte zurückgelegt, so vervielfacht sich der pauschale Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG nicht. Für die Ermittlung des betrieblichen Nutzungsumfangs sind auch die Mehrfachfahrten zu berücksichtigen.
2. Abziehbare Aufwendungen bei behinderten Menschen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten
Rz. 34
Behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, sowie behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, können ihre tatsächlichen Kosten für die Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten als Betriebsausgaben abziehen. Dabei ist der Gewinn nicht um Aufwendungen in Höhe des in § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG jeweils genannten positiven Unterschiedsbetrags zu erhöhen.
VI. Umsatzsteuerliche Beurteilung
Rz. 35
Zur Frage des Vorsteuerabzugs und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Kraftfahrzeugen vgl. BMF-Schreiben vom 27. August 2004 (BStBl I S. 864). Ist die Anwendung der 1 %-Regelung gem. § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen, weil das Kraftfahrzeug zu weniger als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, und wird der nicht unternehmerische Nutzungsanteil nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen, ist dieser Nutzungsanteil im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei der Umsatzbesteuerung grundsätzlich der für ertragsteuerliche Zwecke ermittelte private Nutzungsanteil zugrunde zu legen ist.
VII. Zeitliche Anwendung
Rz. 36
Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 21. Januar 2002 (BStBl I S. 148) und vom 7. Juli 2006 (BStBl I S. 446) und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Randnummer 12 ist erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 beginnen. Randnummer 17 ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden; wird der Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt, ist Randnummer 17 erstmals ab 1. Januar 2007 anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Bundesministerium der Finanzen , IV C 5 - S-2334 / 08 / 10003; Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 06.02.2009
Lohnsteuerliche Behandlung von Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines betrieblichen Kraftfahrzeugs (§ 8 Abs. 2 Satz 2 ff. EStG);
Zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 2007 - VI R 59/06 - (BStBl II S. ...) gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Das Urteil ist nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Der BFH sieht Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an, wenn der Nutzungsvorteil nach der 1%-Regelung besteuert wird. Nach der Auffassung des BFH handelt es sich um Aufwand, der wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts zu behandeln ist, so dass AfA für das Nutzungsrecht "wie [für] ein materielles Wirtschaftsgut" vorgenommen werden kann (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. § 7 Abs. 1 EStG). Die Anschaffungskosten des Nutzungsrechts sind laut BFH über die voraussichtliche Gesamtdauer des Nutzungsrechts linear abzuschreiben.
Die Rechtsgrundsätze des Urteils werden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht geteilt. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sehen in Höhe der selbst getragenen Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs keine Werbungskosten, sondern eine Minderung des geldwerten Vorteils. Der Arbeitnehmer ist insoweit nicht bereichert und die gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 EStG sind nicht erfüllt. Daher gilt Folgendes:
Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs können - entgegen R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 LStR, 1. Halbsatz LStR 2008 - nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauf folgenden Kalenderjahren auf den geldwerten Vorteil angerechnet werden. R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 LStR, 2. Halbsatz LStR 2008 bleibt unberührt. Dies gilt im Vorgriff auf eine entsprechende Änderung des R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 LStR, 1. Halbsatz LStR 2008 in allen offenen Fällen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Lohnsteuerliche Behandlung vom Arbeitnehmer selbst getragener Aufwendungen bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs (§ 8 Abs. 2 Satz 2 ff. EStG);
Anwendung des BFH-Urteils vom 18. Oktober 2007 - VI R 57/06 - (BStBl II ...)
Zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 2007 - VI R 57/06 - (BStBl II S. ...) gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:
Das Urteil ist nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Nach der Auffassung des BFH gehen bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode in die Gesamtkosten eines dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs auch vom Arbeitnehmer selbst getragene Aufwendungen ein. Der BFH sieht darin Aufwendungen zum Erwerb des Nutzungsvorteils i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und damit Werbungskosten. Eine Berücksichtigung der selbst getragenen Aufwendungen als Werbungskosten kommt laut BFH bei der 1%-Regelung dagegen nicht in Betracht, weil bei dieser typisierenden Regelung die Höhe des geldwerten Vorteils nicht von den individuellen Kosten abhängt.
Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils werden hinsichtlich der Fahrtenbuchmethode von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht geteilt.
In Höhe der selbst getragenen Aufwendungen ist der Arbeitnehmer nicht bereichert und die gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 EStG sind nicht erfüllt. Bei der Fahrtenbuchmethode fließen vom Arbeitnehmer selbst getragene Aufwendungen nicht in die Gesamtkosten ein und erhöhen nicht den individuell zu ermittelnden geldwerten Vorteil (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LStR 2008). Bei der 1%-Regelung mindern vom Arbeitnehmer selbst getragene Aufwendungen nicht den pauschal ermittelten geldwerten Vorteil (R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 Satz 5 LStR 2008). Sie stellen auch kein Nutzungsentgelt dar (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2007, BStBl 2008 II S. 198 ). Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Ministerium für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein , VI 30 - S-2227 - 115/08
Erlass vom 27.03.2008
Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zur Erzielung von Überschusseinkünften;
Anwendung des BFH-Urteils vom 26.4.2006 (BStBl 2007 II S. 445 );
Mit Urteil vom 26.4.2006 (BStBl 2007 II S. 445 ) hat der BFH entschieden, dass die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zur Erzielung von Überschusseinkünften nicht durch die Bewertung der privaten Nutzung nach der 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit abgegolten ist. Sie ist vielmehr mit den auf sie entfallenden tatsächlichen Selbstkosten als Entnahme zu erfassen. Die BFH-Entscheidung wurde im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist somit über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Aus Vertrauensschutzgründen sind die Rechtsprechungsgrundsätze erstmals für den Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden.
Im Hinblick auf das beim BVerfG anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen in § 4 Abs. 5a EStG und § 9 Abs. 2 EStG (i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2007) wurde eine Überarbeitung der BMF-Schreiben vom 21.1.2002 (BStBl I S. 148) und vom 7.7.2006 (BStBl I S. 446) - Anhang 16 III EStH 2007 - zurückgestellt.
Bis zum Ergehen einer bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung wird es nicht beanstandet, wenn bei der Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs zur Erzielung von Überschusseinkünften neben der die private Nutzung abgeltenden 1 %-Regelung eine Nutzungsentnahme in der Höhe angesetzt wird, die dem zulässigen Werbungskostenansatz bei den Überschusseinkünften entspricht. Dies gilt auch, wenn die Aufwendungen im Bereich der Überschusseinkünfte nicht sofort abziehbar sind, sondern den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes zuzuordnen sind (Aufwendungen für Fahrten zur Baustelle eines zur Vermietung vorgesehenen Gebäudes).
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG (i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2007)sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und für Familienheimfahrten keine Werbungskosten. Ungeachtet der von der Rechtsprechung entwickelten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Abzugsverbot muss der Ansatz einer Nutzungsentnahme bei der Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs zur Erzielung von Überschusseinkünften unterbleiben, soweit dort das Abzugsverbot eingreift.
Zur Vermeidung von verfahrensrechtlichen Problemen, die sich ergeben könnten, wenn das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen in § 4 Abs. 5a EStG und § 9 Abs. 2 EStG (i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2007) verwirft, sind die Fälle, in denen es um den Ansatz einer Nutzungsentnahme bei der Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs zur Erzielung von Überschusseinkünften geht, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) durchzuführen.
Finanzgericht Hamburg , 2-K-305/09
Urteil vom 18.10.2010
Rechtskräftig
Bemessungsgrundlage für 1 % Regelung - Nichtberücksichtigung von Rabatten
Leitsatz:
Der geldwerte Vorteil für das dem Arbeitnehmer überlassene betriebliche Kraftfahrzeug bemisst sich nach der 1 % Regelung auf der Grundlage des inländischen Bruttolistenpreises. Vom Händler gewährte Rabatte sind nicht zu berücksichtigen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewertung der Nutzungsüberlassung eines betrieblichen Kfz an den Arbeitnehmer nach der 1 % Regelung.
Die Klägerin erwarb gem. Leasingvertrag vom 08.12.2004 einen PKW Marke A zu einem Kaufpreis von 41.000 €, der mit einem Bruttolistenpreis von 48.700 € ausgewiesen war. Die Klägerin überließ dieses Fahrzeug ihrem Geschäftsführer zur privaten Nutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Den geldwerten Vorteils hierfür berechnete sie nach der 1 % Regelung auf der Grundlage des Kaufpreises von 41.000 € und unterwarf diesen Betrag der Lohnversteuerung.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.12.2004 bis 31.12.2008 legte der Beklagte den Bruttolistenpreis von 48.700 € für die Lohnversteuerung zugrunde und erließ am 13.05.2009 einen entsprechenden Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für Dezember 2004 bis Dezember 2008. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 08.06.2009, mit dem die Klägerin geltend machte, dass der Listenpreis im Zeitpunkt der individuellen Erstzulassung nur 41.000 € betragen habe und dieser Wert daher maßgeblich sei. Mit Entscheidung vom 14.09.2009 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Mit der Klage vom 09.10.2009 hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, dass der Wert im Zeitpunkt der Erstzulassung mit dem tatsächlichen Kaufpreis, 41.000 € und nicht mit dem inländischen Bruttolistenpreis zu erfassen sei. Die Zugrundelegung der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers führe zu unannehmbaren Ergebnissen. Beispielsweise müsse dann bei werthaltigen historischen Fahrzeugen für die Lohnsteuer nur ein geringer Wert auf Basis der historischen Preisempfehlungen in Ansatz gebracht werden, während in der Bilanz die hohen tatsächlichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 13.05.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 14.09.2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des betrieblichen, dem Geschäftsführer überlassenen Kfz auf der Basis eines Wertes von 41.000 € berechnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung Bezug und weist ergänzend darauf hin, dass der maßgebliche inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung die Preisempfehlung des Herstellers sei. Zwischen dem -hier einschlägigen- inländischen Listenpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EStG sei zu differenzieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 13.10.2010 verwiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.
Die die Klägerin betreffende Arbeitgeberakte - .../.../... - nebst Beiakten hat vorgelegen.
Gründe:
Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 79a Abs. 3 und Abs. 4, 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin.
I.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte hat in dem angegriffenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid zutreffend den geldwerten Vorteil für die Nutzung des betrieblichen Kfz auf der Basis des inländischen Bruttolistenpreises von 48.700 € berechnet.
Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen, Tantiemen und anderen Bezügen auch Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Das sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zufließen. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG benennt die geldeswerten Güter oder Vorteile (Einnahmen, die nicht in Geld bestehen), nämlich "Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge"; sie sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Nach § 8 Abs. 3 EStG gelten für Waren oder Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses erhält, und die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug pauschal versteuert wird, als deren Werte die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbieten.
Abweichend von diesen auf "Endpreise" abstellenden Bestimmungen für die Bewertung von Zuwendungen an den Arbeitnehmer verweist § 8 EStG in seinem Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Nach dieser Vorschrift ist für die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Mit der Anknüpfung an die Preisempfehlung des Automobilherstellers hat der Gesetzgeber eine stark vereinfachende, typisierende und damit für alle gleichen Fahrzeuge einheitliche Grundlage für die Bewertung der Nutzungsvorteile geschaffen (Bundestags-Drucksache 13/1686, S. 8; BFH Urteil vom 16.02.2005, VI R 37/04, BStBl II 2005, 563; vgl. auch Urban, Finanz-Rundschau 2004, 1383f.).
Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG erfolgte Typisierung, die auf den inländischen Listenpreis und nicht auf einen tatsächlich niedrigeren Kaufpreis abhebt und Neu- und Gebrauchtwagen gleichermaßen betrifft, eine recht grobe Typisierung darstellt. Gleichwohl begegnet sie nach allgemeiner Ansicht keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit der Regelung wiederholt bestätigt, u. a. auch deshalb, weil im Einzelfall mittels der ordnungsgemäßen Führung eines Fahrtenbuchs einer ggf. nicht sachgerechten Bewertung der privaten Nutzung begegnet werden kann (vgl. eingehend z. B. BFH-Urteil vom 24.02.2000, III R 59/98, BStBl II 2000, 273, Urteil vom 01.03.2001, IV R 27/00, BStBl II 2001, 403).
Obwohl dem Gesetzgeber bei Typisierungen von Verfassungs wegen ein weiter Spielraum zur Verfügung steht, findet er seine Grenze, wenn die mit der Typisierung einhergehenden Vorteile nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen -BVerfG-- vom 24.01.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, vom 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12, vom 29.05.1990 1 BvL 20, BVerfGE 82, 60, 95 ff.; vom 22.07.1991, 1 BvR 829/89, HFR 1992, 424). Zu unterscheiden ist zwischen Typisierungen, die vom Steuerpflichtigen nicht durch die Erbringung von Nachweisen widerlegt werden können, und bei denen es das BVerfG als wesentlich angesehen hat, dass davon nur eine kleine Zahl von betroffenen Steuerpflichtigen benachteiligt wird, weil sie einen für sie günstigeren Sachverhalt als den in der Typisierung unterstellten verwirklicht haben und dass dieser Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Einzelfall nicht sehr intensiv ist (grundlegend BVerfG Entscheidung vom 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12) und widerlegbaren Typisierungen.
Bei der in Rede stehenden sog. 1 % Regelung handelt es sich um eine derartige widerlegbare Typisierung, deren Anwendung der Steuerpflichtige durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts entgehen kann, und zwar durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches und den belegmäßigen Nachweis der getätigten Aufwendungen für das Kfz . Bei einer widerlegbaren Typisierung steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die günstigen Auswirkungen des typisierten Betrages auf eine kleine Gruppe zu beschränken oder sie für eine große Gruppe von Steuerpflichtigen vorzusehen. Der Gesetzgeber verlangt mit dem Nachweis durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch auch nichts Unmögliches oder Unzumutbares vom Steuerpflichtigen. Die 1 % Regelung kommt daher auch nicht der Sache einer unwiderlegbaren Typisierung gleich, für die strengere verfassungsrechtliche Maßstäbe gelten würden.
Der Gesetzgeber braucht bei Typisierungen nicht allen Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen und immer mehr individualisierende und spezialisierende Regelungen zu treffen. Es entspricht vor diesem Hintergrund den Anforderungen an eine sachgerechte Typisierung, wenn der Gesetzgeber zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nicht auf die tatsächlichen Anschaffungskosten des Kfz , sondern auf den Listenpreis abstellt. Der Ansatz des Listenpreises statt der Anschaffungskosten entspricht dem Erfordernis, die Entnahme des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem dem Steuerpflichtigen zukommenden Nutzungsvorteil zu bemessen. Hierfür stellt der Listenpreis einen geeigneten Maßstab dar (vgl. BFH Entscheidungen vom 25.05.1992, VI R 146/88, BStBl II 1992, 700; vom 03.01.2007, XI B 128/06, BFH/NV 2007, 708;).
Danach kann die Klage keinen Erfolg haben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.
Finanzgericht Hamburg , 2-K-305/09
Urteil vom 18.10.2010
Rechtskräftig 5011356
Bemessungsgrundlage für 1 % Regelung - Nichtberücksichtigung von Rabatten
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Leitsatz:
Der geldwerte Vorteil für das dem Arbeitnehmer überlassene betriebliche Kraftfahrzeug bemisst sich nach der 1 % Regelung auf der Grundlage des inländischen Bruttolistenpreises. Vom Händler gewährte Rabatte sind nicht zu berücksichtigen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewertung der Nutzungsüberlassung eines betrieblichen Kfz an den Arbeitnehmer nach der 1 % Regelung.
Die Klägerin erwarb gem. Leasingvertrag vom 08.12.2004 einen PKW Marke A zu einem Kaufpreis von 41.000 €, der mit einem Bruttolistenpreis von 48.700 € ausgewiesen war. Die Klägerin überließ dieses Fahrzeug ihrem Geschäftsführer zur privaten Nutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Den geldwerten Vorteils hierfür berechnete sie nach der 1 % Regelung auf der Grundlage des Kaufpreises von 41.000 € und unterwarf diesen Betrag der Lohnversteuerung.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.12.2004 bis 31.12.2008 legte der Beklagte den Bruttolistenpreis von 48.700 € für die Lohnversteuerung zugrunde und erließ am 13.05.2009 einen entsprechenden Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für Dezember 2004 bis Dezember 2008. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 08.06.2009, mit dem die Klägerin geltend machte, dass der Listenpreis im Zeitpunkt der individuellen Erstzulassung nur 41.000 € betragen habe und dieser Wert daher maßgeblich sei. Mit Entscheidung vom 14.09.2009 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Mit der Klage vom 09.10.2009 hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, dass der Wert im Zeitpunkt der Erstzulassung mit dem tatsächlichen Kaufpreis, 41.000 € und nicht mit dem inländischen Bruttolistenpreis zu erfassen sei. Die Zugrundelegung der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers führe zu unannehmbaren Ergebnissen. Beispielsweise müsse dann bei werthaltigen historischen Fahrzeugen für die Lohnsteuer nur ein geringer Wert auf Basis der historischen Preisempfehlungen in Ansatz gebracht werden, während in der Bilanz die hohen tatsächlichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen seien.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 13.05.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 14.09.2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des betrieblichen, dem Geschäftsführer überlassenen Kfz auf der Basis eines Wertes von 41.000 € berechnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung Bezug und weist ergänzend darauf hin, dass der maßgebliche inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung die Preisempfehlung des Herstellers sei. Zwischen dem -hier einschlägigen- inländischen Listenpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EStG sei zu differenzieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 13.10.2010 verwiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.
Die die Klägerin betreffende Arbeitgeberakte - .../.../... - nebst Beiakten hat vorgelegen.
Gründe:
Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 79a Abs. 3 und Abs. 4, 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin.
I.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte hat in dem angegriffenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid zutreffend den geldwerten Vorteil für die Nutzung des betrieblichen Kfz auf der Basis des inländischen Bruttolistenpreises von 48.700 € berechnet.
Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen, Tantiemen und anderen Bezügen auch Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Das sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zufließen. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG benennt die geldeswerten Güter oder Vorteile (Einnahmen, die nicht in Geld bestehen), nämlich "Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge"; sie sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Nach § 8 Abs. 3 EStG gelten für Waren oder Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses erhält, und die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug pauschal versteuert wird, als deren Werte die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbieten.
Abweichend von diesen auf "Endpreise" abstellenden Bestimmungen für die Bewertung von Zuwendungen an den Arbeitnehmer verweist § 8 EStG in seinem Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Nach dieser Vorschrift ist für die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Mit der Anknüpfung an die Preisempfehlung des Automobilherstellers hat der Gesetzgeber eine stark vereinfachende, typisierende und damit für alle gleichen Fahrzeuge einheitliche Grundlage für die Bewertung der Nutzungsvorteile geschaffen (Bundestags-Drucksache 13/1686, S. 8; BFH Urteil vom 16.02.2005, VI R 37/04, BStBl II 2005, 563; vgl. auch Urban, Finanz-Rundschau 2004, 1383f.).
Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG erfolgte Typisierung, die auf den inländischen Listenpreis und nicht auf einen tatsächlich niedrigeren Kaufpreis abhebt und Neu- und Gebrauchtwagen gleichermaßen betrifft, eine recht grobe Typisierung darstellt. Gleichwohl begegnet sie nach allgemeiner Ansicht keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit der Regelung wiederholt bestätigt, u. a. auch deshalb, weil im Einzelfall mittels der ordnungsgemäßen Führung eines Fahrtenbuchs einer ggf. nicht sachgerechten Bewertung der privaten Nutzung begegnet werden kann (vgl. eingehend z. B. BFH-Urteil vom 24.02.2000, III R 59/98, BStBl II 2000, 273, Urteil vom 01.03.2001, IV R 27/00, BStBl II 2001, 403).
Obwohl dem Gesetzgeber bei Typisierungen von Verfassungs wegen ein weiter Spielraum zur Verfügung steht, findet er seine Grenze, wenn die mit der Typisierung einhergehenden Vorteile nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen -BVerfG-- vom 24.01.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, vom 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12, vom 29.05.1990 1 BvL 20, BVerfGE 82, 60, 95 ff.; vom 22.07.1991, 1 BvR 829/89, HFR 1992, 424). Zu unterscheiden ist zwischen Typisierungen, die vom Steuerpflichtigen nicht durch die Erbringung von Nachweisen widerlegt werden können, und bei denen es das BVerfG als wesentlich angesehen hat, dass davon nur eine kleine Zahl von betroffenen Steuerpflichtigen benachteiligt wird, weil sie einen für sie günstigeren Sachverhalt als den in der Typisierung unterstellten verwirklicht haben und dass dieser Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Einzelfall nicht sehr intensiv ist (grundlegend BVerfG Entscheidung vom 20.12.1966, 1 BvR 320/57, BVerfGE 21, 12) und widerlegbaren Typisierungen.
Bei der in Rede stehenden sog. 1 % Regelung handelt es sich um eine derartige widerlegbare Typisierung, deren Anwendung der Steuerpflichtige durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts entgehen kann, und zwar durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches und den belegmäßigen Nachweis der getätigten Aufwendungen für das Kfz . Bei einer widerlegbaren Typisierung steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die günstigen Auswirkungen des typisierten Betrages auf eine kleine Gruppe zu beschränken oder sie für eine große Gruppe von Steuerpflichtigen vorzusehen. Der Gesetzgeber verlangt mit dem Nachweis durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch auch nichts Unmögliches oder Unzumutbares vom Steuerpflichtigen. Die 1 % Regelung kommt daher auch nicht der Sache einer unwiderlegbaren Typisierung gleich, für die strengere verfassungsrechtliche Maßstäbe gelten würden.
Der Gesetzgeber braucht bei Typisierungen nicht allen Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen und immer mehr individualisierende und spezialisierende Regelungen zu treffen. Es entspricht vor diesem Hintergrund den Anforderungen an eine sachgerechte Typisierung, wenn der Gesetzgeber zur Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nicht auf die tatsächlichen Anschaffungskosten des Kfz , sondern auf den Listenpreis abstellt. Der Ansatz des Listenpreises statt der Anschaffungskosten entspricht dem Erfordernis, die Entnahme des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem dem Steuerpflichtigen zukommenden Nutzungsvorteil zu bemessen. Hierfür stellt der Listenpreis einen geeigneten Maßstab dar (vgl. BFH Entscheidungen vom 25.05.1992, VI R 146/88, BStBl II 1992, 700; vom 03.01.2007, XI B 128/06, BFH/NV 2007, 708;).
Danach kann die Klage keinen Erfolg haben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.
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